Im Handwerk sind genügend spannende und vielseitige Ausbildungsplätze vorhanden.
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Im Handwerk sind genügend spannende und vielseitige Ausbildungsplätze vorhanden.

Ausbildungsgarantie geht am Ziel vorbei

28.01.2022

Die neue Bundesregierung plant, eine Ausbildungsgarantie nach österreichischem Vorbild umzusetzen. Auf diese Weise soll die Zahl der Ausbildungsplätze steigen und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. 

Diese Idee geht aus Sicht des Handwerks jedoch völlig am Ziel vorbei. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Ausbildungsmarkt grundlegend geändert. Heute sind genügend freie Ausbildungsplätze vorhanden, es fehlt vielmehr an jungen Menschen, die ihren Karriereweg mit einer dualen Berufsausbildung starten wollen. Hier sieht das OWL-Handwerk allerdings Licht am Horizont. Denn trotz Pandemie verzeichnet das Handwerk in der Region im laufenden Ausbildungsjahr ein Plus von rund sieben Prozent bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Vergleich zum Vorjahr. „Das Handwerk bietet auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten beste berufliche Perspektiven. Statt einer Ausbildungsgarantie sollten daher alle Kräfte gebündelt werden, um die durch Handwerksbetriebe bereitgestellten Ausbildungsangebote mit Bewerberinnen und Bewerbern zusammenzubringen“, betont Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld.

Eine Ausbildungsgarantie nach österreichischem Vorbild verkenne nicht nur die Realität auf dem deutschen Ausbildungsmarkt, sondern stelle auch unzulässige Vergleiche an. „Ein Vergleich mit dem österreichischen Ausbildungssystem ist kaum möglich, da die Bildungs- und Fördersysteme der beiden Länder zu unterschiedlich sind“, ergänzt Goll. In Deutschland gebe es zahlreiche Programme und Instrumente, die dafür Sorge tragen, dass auch unversorgten Jugendlichen eine berufliche Perspektive aufgezeigt werde. Hier leisten die von der Bundesagentur für Arbeit entwickelten berufsvorbereitenden Initiativen wie das Einstiegsqualifizierungsjahr und die außerbetriebliche Berufsausbildung (BaE) bereits gute Arbeit.

Eine darüber hinaus gehende Ausbildungsgarantie führe jedoch dazu, dass der Staat zusätzliche Ausbildungskapazitäten schaffe, obwohl diese im Handwerk bereits ausreichend vorhanden seien. Dadurch würde das bewährte System der dualen Ausbildung in Deutschland unterwandert. „Dieses setzt weltweit Qualitätsmaßstäbe und ist ein Markenzeichen für herausragendes Können. Daher sollte dringend vermieden werden, das duale Ausbildungssystem durch regulatorische Maßnahmen des Staates in Frage zu stellen“, so Goll. Vielmehr müsse die berufliche Orientierung in Richtung einer dualen Berufsausbildung gestärkt werden. Zudem seien weitere Förder- und Anreizprogramme wie die Ausbildungsprämie für Betriebe passgenauer, um das Ausbildungsniveau zu halten oder weiter zu erhöhen.