(v.l.) Kammerpräsident Peter Eul, Unternehmer Lasse Rheingans, Nadja Lüders, SPD MdL, Torsten Withake, Geschäftsführer Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH, Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, und Moderator Marcus Werner.
HWk OWL/ Thomas F. Starke
(v.l.) Kammerpräsident Peter Eul, Unternehmer Lasse Rheingans, Nadja Lüders, SPD MdL, Torsten Withake, Geschäftsführer Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH, Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, und Moderator Marcus Werner.

01. September 2023Handwerk OWL im Dialog

Unter dem Motto „New Work im Handwerk - Utopie oder bereits Realität?“ hatte die Handwerkskammer OWL interessierte Handwerkerinnen und Handwerker in den Campus Handwerk in Bielefeld eingeladen, um über die sich verändernde Arbeitswelt zu diskutieren. Rund 70 Gäste waren der Einladung gefolgt und tauschten sich mit Nadja Lüders, MdL SPD NRW, Torsten Withake, Geschäftsführer Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH, Lasse Rheingans, CEO Rheingans GmbH, und Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, aus. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Reihe „Handwerk OWL im Dialog“ statt.

Peter Eul, Präsident der Handwerkskammer OWL, wies in seiner Begrüßung auf die Schwierigkeiten des regionalen Handwerks bei der Sicherung und Gewinnung von Fachkräften hin. „Angesichts eines zunehmenden Fachkräftebedarfs im Handwerk wird es immer dringlicher, kreative und zukunftsorientierte Ansätze zu finden, um die Attraktivität der Branche zu steigern und hochqualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen“, so Eul.

Der Veranstaltung ging eine Blitzumfrage der Handwerkskammer voraus. In der aktuellen Umfrage hatten 66 Prozent der befragten Betriebe mitgeteilt, dass sie bei der Suche nach Fachkräften Schwierigkeiten hätten. 38 Prozent der Befragten gaben an, dass sie offene Stellen trotz Bemühungen nicht besetzen konnten. 50 Prozent der Betriebe verstärken ihre Ansprache von Abiturientinnen und Abiturienten. 46 Prozent würden auch Quereinsteigerinnen und -einsteiger einstellen. 80 Prozent bieten laut Umfrage Schulungen und Weiterbildungen an, um Mitarbeitende zu binden und über 60 Prozent ermöglichen ihrer Belegschaft flexible Arbeitszeiten.

Hauptgeschäftsführer Dr. Jens Prager lobte in der Diskussionsrunde die Handwerksunternehmen und deren Flexibilität gegenüber den Mitarbeitenden: „Das Handwerk ist hier schon richtig gut aufgestellt, verkauft sich allerdings manchmal unter Wert.“ Er appellierte an die Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer, stärker die Leistungen und Vorteile zu betonen. Der Hauptgeschäftsführer wies auf das Paradoxon hin: Bei weniger Arbeitszeit für die einzelnen Mitarbeitenden würden mehr Fachkräfte benötigt, die der Arbeitsmarkt derzeit nicht hergebe. Er bot den Unternehmerinnen und Unternehmern an, die Arbeitsprozesse auch mit Hilfe der Beratung der Handwerkskammer auf mögliche Potenziale zur Steigerung der Produktivität zu durchleuchten.     

Handwerksunternehmer Dietmar Ahle, Maler- und Lackierermeister aus Paderborn, und Philipp Kielhorn von der Autohaus Markötter GmbH aus Bielefeld, präsentierten praktische Lösungsansätze aus ihren Unternehmen. Ahle führt einen familienfreundlichen Fachbetrieb, der stets versucht, dem Wunsch der Mitarbeitenden, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, zu entsprechen. Die 4-Tage-Woche oder ein Schichtbetrieb würden in seinem Unternehmen allerdings nicht funktionieren, so Ahle.

Das Autohaus Markötter hat seit Januar die 4-Tage-Woche eingeführt. Geschäftsführer Philipp Kielhorn betonte, dass es in dem Autohaus mit seinen 240 Mitarbeitenden um nichts weniger als einen Kulturwandel gehe. Das gesamte Team habe über einen längeren Zeitraum Wissen aufgebaut, die 4-Tage-Woche sei ein Teilprodukt des Wandels. 

Lasse Rheingans hat in seinem eigenen Unternehmen den 5-Stunden-Tag eingeführt und ist nach einer Testphase dauerhaft bei dem Modell geblieben. Auch er spricht von einem Wandel in der Arbeitswelt und plädiert für eine zügige Digitalisierung in Deutschland. Der Unternehmer ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz wie ChatGPT die Welt mehr verändern wird als das Internet. Massive Kritik äußerte er am Bildungssystem: „Das Bildungssystem bildet für eine Welt aus, die es nicht mehr gibt.“ Dem Argument pflichtet Bauunternehmer Michael Hauphoff aus Verl bei. Die Rahmenlehrpläne für sein Gewerk stammten aus dem Jahr 1987, die Bearbeitung nehme eben Zeit in Anspruch, sei ihm vom Ministerium mitgeteilt worden. Dies lasse ihn fassungslos zurück.       

„Entwickeln wir das System weiter oder stellen wir alles auf den Kopf?“, diese Frage richtete Arbeitsmarktexperte Torsten Withake an das Publikum. Er sprach sich dafür aus, den beiden Unternehmensanforderungen „Was wünscht der Kunde und was braucht das Unternehmen?“ zusätzlich den Aspekt „Was brauchen die Mitarbeitenden?“ hinzuzufügen. 40.000 junge Menschen in NRW befänden sich derzeit in Übergangssystemen. Um diese für die duale Ausbildung zu gewinnen, sei eine Ansprache auf Augenhöhe hilfreich. Withake lobte die Idee der Ausbildungsbotschafter, die auch die Handwerkskammer OWL aufgreife.

SPD-Wirtschaftsexpertin Lüders betonte, dass in der Landesregierung die Möglichkeit diskutiert werde, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung in der NRW-Verfassung festzuschreiben. Lüders lobte die Flexibilität der Handwerksunternehmen, die häufig sehr individuell auf Mitarbeiterwünsche reagieren. Mit ihrer Partei möchte sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch ein Vier-Säulen-Modell fördern.

Ergänzend zu solchen Veranstaltungen bietet die Kammer allen interessierten Mitgliedsbetrieben ein breit gefächertes Beratungsangebot an, um gezielt bei der Personalfindung, -bindung sowie -entwicklung zu unterstützen. Ansprechpartner ist:

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Tim Zimmermann

Wirtschaftsförderung, Kommunikation und Recht - Betriebsberatung Bielefeld

Tel. 0521 / 5608 - 417

tim.zimmermann--at--hwk-owl.de

Fragen zur Digitalisierung und zu Künstlicher Intelligenz beantworten in der Handwerkskammer, die Beauftragten für Innovation und Technologie: 

Schaschbar_Darien

Darien Schaschbar

Beraterin für Innovation und Technologie

Tel. 0521 / 5608 - 415

darien.schaschbar--at--hwk-owl.de

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Henning Horstbrink

Berater für Innovation und Technologie

Tel. 0521 / 5608 - 118

henning.horstbrink--at--hwk-owl.de