Die Handwerkskammer und die fünf Kreishandwerkerschaften haben sich auf eine Zukunftsstrategie für die handwerkliche Bildungslandschaft geeinigt. Das Bild wurde vor Ausbruch der Corona-Pandemie gemacht.
HWK OWL
Die Handwerkskammer und die fünf Kreishandwerkerschaften haben sich auf eine Zukunftsstrategie für die handwerkliche Bildungslandschaft geeinigt. Das Bild wurde vor Ausbruch der Corona-Pandemie gemacht.

Historische Einigung im OWL-Handwerk

Der regionalen Handwerksfamilie in Ostwestfalen-Lippe ist ein historischer Schulterschluss gelungen. Die fünf Kreishandwerkerschaften und die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld haben sich auf eine gemeinsame Vision zur Entwicklung der überbetrieblichen Bildungsstätten im OWL-Handwerk verständigt. Mit dieser soll die handwerkliche Bildungslandschaft fit für die Zukunft gemacht werden.

Diese Zukunftsvision basiert auf Daten und Fakten einer Regionalanalyse des Heinz-Piest-Instituts für Handwerkstechnik an der Universität Hannover. Sie ist geprägt vom Leitgedanken einer „Konzentration in der Fläche“. Für die erforderliche Konzentration in der Bildungslandschaft sollen sechs starke Leuchttürme in OWL etabliert werden, mit denen die Attraktivität der einzelnen Wirtschaftsräume und damit der Gesamtregion erhalten und gestärkt werden kann. „Wir sind unglaublich stolz darauf, dass es uns gemeinsam gelungen ist, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Geschwindigkeiten und Anforderungen vor Ort unter ein gemeinsames Dach zu stellen“, erklärte Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, im Rahmen der Vollversammlung im Campus Handwerk.

„Die Studie zeigt auf, dass eine Konzentration der Bildungsstätten erforderlich ist – und wir geben jetzt eine gemeinsame Antwort, wie wir diese Konzentration in den kommenden Jahren erreichen wollen“, betonte Prager. „Damit werden wir weiterhin in der Fläche OWLs präsent bleiben, eine durchgängig hohe Ausbildungsqualität gewährleisten und dabei für eine wirtschaftliche Tragfähigkeit der sechs Leuchttürme sorgen.“

Folgende sechs starke Leuchttürme sind Gegenstand der Einigung im OWL-Handwerk:

Der Campus Handwerk in Bielefeld bleibt das führende Kompetenzzentrum für intelligente Gebäudetechnologie und arbeitet weiterhin gewerkeübergreifend. Die Kfz-Ausbildung, die bisher in Lemgo durchgeführt wird, wird an den Bereich Elektrotechnik am Campus Handwerk angeschlossen. Zur optimalen Planung in den Gewerken Elektrotechnik und Sanitär-Heizung-Klima findet schon jetzt Unterricht im Building Information Modeling (BIM), der digitalen Planung von Gebäuden, statt. In den Bereichen Metalltechnik und Feinwerkmechanik werden subtraktive und additive Fertigungstechniken mit 5-Achs-Dreh­- und Fräsmaschinen sowie 3D-Druckern vermittelt. Der Konditorenbereich am Campus Handwerk in Bielefeld übernimmt den Lead in einem neu gestarteten Exzellenz-Netzwerk auf Bundesebene.

Das Handwerksbildungszentrum (HBZ) Brackwede ist die innungseigene Bildungsstätte des Handwerks in den zusammenwachsenden Wirtschaftsräumen des Kreises Gütersloh und der Stadt Bielefeld. Das HBZ nimmt so modellhaft die interkommunalen Bestrebungen zur Bildung einer Regiopole in Ostwestfalen-Lippe auf der Ebene der handwerklichen Bildung vorweg. Es bietet eine zeitgemäße, zukunftsorientierte und vielfältige Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Bereichen Bau, Holz, Kfz und Maler. Als Leuchtturm kooperiert das HBZ im Bereich Kfz eng mit dem Bereich Mobilität der Handwerkskammer, sodass durch eine sinnvolle Verzahnung die Entwicklung sich ergänzender Bildungsangebote ermöglicht wird. Zudem übernimmt das HBZ Brackwede beziehungsweise das Malerbildungszentrum zum kommenden Ausbildungsjahr die Trägerschaft der überbetrieblichen Ausbildung der Maler, die bislang durch die Handwerkskammer am Standort Lemgo durchgeführt wird.

Das Technologie- und Berufsbildungszentrum (tbz) Paderborn ist eine über den Standort im Kreis Paderborn hinaus seit vielen Jahren etablierte Bildungseinrichtung mit vielfältigen Angeboten in den unterschiedlichen Themenfeldern. Ob im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung, in Bezug auf Fortbildungen oder bei der Vorbereitung auf die Meisterprüfung, das tbz treibt als erfahrener Aus- und Weiterbilder innovative und moderne Bildungsinhalte gezielt voran. Die Praxisrelevanz steht dabei stets im Vordergrund. Erfahrene und gut geschulte Dozenten sorgen für einen optimierten und qualitativ hochwertigen Wissenstransfer. Darüber hinaus wird der Einsatz aller relevanten, technischen und digitalen Neuerungen zukunftsweisend verfolgt. Das tbz Paderborn beziehungsweise die Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe übernimmt zum kommenden Ausbildungsjahr die Trägerschaft der überbetrieblichen Ausbildung der Bereiche Holz und Bau, die bislang durch die Handwerkskammer am Standort Lemgo durchgeführt wird.

Der im Rahmen der Regionale 2022 entstehende InnovationSPIN Lemgo soll Handwerksbetriebe fit für die Gewinnung von Kompetenzen und die Entwicklung von Geschäftsmodellen im digitalen Umfeld machen. Die theoretische Wissensvermittlung ist dabei eng verbunden mit der Praxis.

Der Campus Bohlenweg (CaBo) in Brakel wird durch eine Lernortkooperation zu dem Ausbildungszentrum des Handwerks im Kreis Höxter. In dieser Zentrale des Handwerks vereinen sich an einem gemeinsamen Lernort die überbetriebliche Ausbildung und die Berufsschule in innovativer Zusammenarbeit zu einer qualitativen Weiterentwicklung des Systems der dualen Berufsbildung. Von dieser interdisziplinären Verzahnung lernfeldorientierter Kompetenz- und Qualifikationsentwicklung sowie der Möglichkeit der Weiterqualifizierung im Kontext des lebenslangen Lernens profitieren die Gewerke der Elektro-, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie des Metall- und Tischlerhandwerks.

Die Bildungslandschaft im Wittekindsland ist komplex, detailreich ausgestaltet und in den Kreisen Herford und Minden-Lübbecke unterschiedlich. Im ländlich geprägten Bereich des Kreises Minden-Lübbecke steht vor allem die Erreichbarkeit für Ausbildungsinteressierte im Vordergrund, wobei in den unterschiedlichen Standorten lokale Schwerpunkte gesetzt werden. Die Bildungsstätten im Kreis Herford sind geprägt von kleinen Einheiten. Hier nehmen das Kompetenz-Zentrum der Friseur- und Kosmetik-Innung Herford und wie auch die Tischler-Werkstatt mit der Spezialisierung auf Kreativgestaltung und Oberflächenbearbeitung Leuchtturmfunktionen wahr. Neben den gut erreichbaren Insel-Leuchttürmen kann perspektivisch ein sogenannter Campus Nord im nördlichen OWL weiterhin für eine fortschrittliche und zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildung sowie eine größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit sorgen.