Resolution Baugewerbe
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29. November 2023 Impulse für das Bauhandwerk gefordert

Die ordentliche Vollversammlung der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld hat im Campus Handwerk getagt und sich über die derzeitige Situation des Handwerks ausgetauscht. „Die Zukunft ist unberechenbarer als in den vergangenen Jahrzehnten“, erklärte Peter Eul, Präsident der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld. Auf diese Unsicherheiten müsse die Politik Antworten im Bereich der Wirtschafts-, Steuer-, Energie- und Klimapolitik finden. Es brauche einen echten Aufbruch und klare politische Konzepte, betonte der Kammerpräsident. Die hohen Energiepreise, der eklatante Fachkräftemangel und die überbordende Bürokratie seien die größten Baustellen, die diese Regierung dringend anpacken müsse. „Sonst drohen wir an einen Punkt zu gelangen, ab dem wir langfristig nur noch hinterherlaufen, statt zu gestalten.“ Der Kammerpräsident stufte es vor diesem Hintergrund als fatal ein, dass der Bundesrat dem sogenannten Wachstumschancengesetz am 24. November die Zustimmung verweigert hat. „Das Baugewerbe wartet dringend auf politische Impulse, die den Markt wieder beleben. Das Wachstumschancengesetz könnte sie bringen. Jetzt muss im Vermittlungsausschuss schnell ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden. Denn so geht wichtige Zeit verloren, die unsere Betriebe nicht haben.“

Um der prekären Situation der Baubranche Ausdruck zu verleihen und weiteren politischen Handlungsbedarf aufzuzeigen, hat die Vollversammlung eine Resolution zur aktuellen Situation im Bauhandwerk unter dem Titel „Deregulieren, investieren, vereinfachen - Bauwende jetzt!“ verabschiedet. „Mit rund 2.200 Baubetrieben und 1.200 Auszubildenden ist das Bauhandwerk unverzichtbarer Eckpfeiler für die ökologische Transformation und konjunkturelles Triebrad in Ostwestfalen-Lippe“, erklärte Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL. Doch das Bauhandwerk stehe vor komplexen Herausforderungen, die selbst das Fachkräfteproblem überlagerten. „Der russische Angriffskrieg, enorm gestiegene Energie-, Material- und Baupreise sowie das anziehende Zinsniveau belasten die Baubranche. Zudem führen immer komplizierter werdende Bauvorschriften zu hohen Kosten und Unsicherheiten“, erklärte der Hauptgeschäftsführer. Diese Faktoren würden das Bauen zunehmend unattraktiv machen und die Nachfrage fast völlig zum Stillstand bringen. Die Mitglieder der Vollversammlung forderten in ihrer Resolution, bürokratische Vorgaben drastisch zu senken und Vorschriften zu vereinheitlichen. „Die Bürokratie lähmt und verteuert viele Bauprojekte. Daher braucht es unter anderem eine Vereinheitlichung der Landesbauordnungen und der kommunalen Bauvorschriften sowie ein Moratorium zur Verschärfung von Baustandards“, so Prager. Darüber hinaus votierte das Handwerksparlament für wirksame steuerliche Entlastungen. „Finanzielle Entlastungen für das Bauhandwerk sind gerade jetzt gut investiertes Geld, da die durch den Wohnraummangel entstehenden sozialen Kosten diese Entlastungen bei weitem übersteigen dürften“, erklärte Prager. Daher forderte das Handwerksparlament eine Abschaffung der Grunderwerbssteuer beim Ersterwerb und eine Absenkung bei weiterem Erwerb sowie eine Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für alle Bauinvestorinnen und -investoren. Des Weiteren sprachen sich die Mitglieder der Vollversammlung für eine zielorientierte Förderung aus. „Der Staat steht sich mit seiner Überkomplexität selbst im Weg“, heißt es in der Resolution. Die Politik müsse von der Wegdefinition zur Zielvorgabe zurückfinden, um wirtschaftliche Eigendynamik effektiv zu fördern. Es brauche daher eine verlässliche und unkomplizierte Förderkulisse für mehr Planungssicherheit bei Investierenden und Betrieben.

Darüber hinaus stellte Ragna Köstner, Beauftragte für Wirtschaftsführung und stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer, den Wirtschaftsplan 2024 vor. „Trotz Inflation konnten die Aufwendungen im Vergleich zum Wirtschaftsplan des Vorjahres aufgrund konsequenter Einsparmaßnahmen sogar leicht sinken“. Die Vollversammlung der Handwerkskammer beschloss zudem ein Staffelmodell für den Grundbeitrag, das ab dem Jahr 2024 in Kraft tritt. „Ziel der Anpassung ist es, angesichts der geänderten Zusammensetzung der Betriebsgrößen eine gerechtere Verteilung der Beitragslast zu ermöglichen“, erklärte Köstner. Gerade kleine und Kleinstbetriebe würden durch das geänderte Beitragsmodell entlastet. „Für knapp 7.000 Betriebe und somit rund ein Drittel unserer Mitglieder in OWL wird der Grundbeitrag von 134 Euro auf 98 Euro sinken“, erklärte Köstner. Auch der Zusatzbeitrag werde von 0,71 auf 0,69 Prozent des Gewerbeertrages gesenkt.

Des Weiteren wurde in der Vollversammlung der Verkauf des Handwerksbildungszentrums am Kleiberweg an die Stadt Bielefeld vorgestellt. „Wir freuen uns, dass nun endlich eine Einigung zwischen der Stadt und dem Erstkäufer erzielt und der Verkauf vollzogen werden konnte“, erklärte Hauptgeschäftsführer Dr. Prager. Die Anträge zur Förderung des geplanten Neubaus am Campus Handwerk seien fristgerecht eingereicht worden. „Derzeit bereiten wir den Bauantrag vor und hoffen, dass wir noch in diesem Jahr die Zuwendungsbescheide erhalten, um dann wie geplant in 2024 mit dem neuen Bauabschnitt beginnen zu können“, so der Hauptgeschäftsführer. Durch die aktuell auf der Bundesebene verfügte Haushaltssperre bestünde diesbezüglich aktuell aber noch keine Planungssicherheit. Die Vollversammlung stimmte darüber hinaus zu, einen Streifen am Rande des Campus-Grundstücks an die Stadt zu verkaufen, die dort einen Radweg plane. Dieser Verkauf werde keinerlei Auswirkungen auf die eigenen Bauplanungen haben, betonte Prager.