Binia Brodnicki beherrscht die Kunst des Geigenbaus und hat in Gütersloh eine Werkstatt aufgebaut. Damit ist sie auf eine gute Resonanz gestoßen.
HWK OWL
Binia Brodnicki beherrscht die Kunst des Geigenbaus und hat in Gütersloh eine Werkstatt aufgebaut. Damit ist sie auf eine gute Resonanz gestoßen.

Klang einer Stradivari begeistert

27.01.2022

Im Alter von zwei Jahren wusste Binia Brodnicki schon, dass sie Geige spielen möchte. Mit fünf Jahren erhielt sie das erste Instrument, mit sieben Jahren begann sie ihren Unterricht. Die Faszination hält bis heute an: Im Oktober 2020 machte sich die 36-Jährige in Gütersloh mit einer Fachwerkstatt für Geigenbau selbstständig.Obwohl der Schritt in die Selbstständigkeit mit einem erneuten Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie zusammenfiel, läuft ihr Geschäft gut. Gütersloh ist eine musikalische Stadt mit mehreren Musikschulen. „Die Schülerinnen und Schüler wie auch das Lehrpersonal sind froh, dass es jetzt auch vor Ort eine Werkstatt für Geigenbau gibt“, erklärt Brodnicki, die ihren Beruf von der Pike auf gelernt hat. Einige Stammkundinnen und -kunden reisen aus dem Sauerland an. In Arnsberg ist die Geigenbauerin geboren, in Brilon hatte sie zuletzt eine führende Position in einem großen Musikalienhandel inne. Unterstützung auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit fand sie bei Stefan Edler, Betriebsberater der Handwerkskammer OWL. Nach dem Abitur besuchte Binia Brodnicki die Fachschule für Geigenbau Mittenwald. „Die Kombination von Musik und Handwerk hat mich fasziniert“, so Brodnicki. In einer dreieinhalbjährigen Ausbildung erlernte sie die Kunst des Geigenbaus.

Die Decke einer Geige besteht aus Fichtenholz, das sogenannte Tonholz sollte mindestens zehn Jahre, besser noch 20 bis 30 Jahre oder sogar länger getrocknet sein. Der Boden, die Zargen und der Steg, also der gesamte Korpus, werden aus ebenfalls getrocknetem Ahornholz gefertigt. Der Bau einer Geige dauert rund sechs bis acht Wochen. Ein „maßgefertigtes“ Instrument kann an die Bedürfnisse der Spielerin oder des Spielers angepasst werden. Auf die fertige Geige wird ein Lack aufgetragen, den jede Geigenbauerin und jeder Geigenbauer nach einem eigenen Spezialrezept fertigt. Die Bestandteile sind natürlichen Ursprungs wie Schellack oder Propolis sowie Venetianer Terpentin. Das Aushärten des Lacks nimmt bis zu einem Jahr in Anspruch, erst dann kann die Geige gespielt werden.
Einnahmequellen neben dem Instrumentenbau sind die Restaurierung und die Reparatur. „Es ist spannend, ein Instrument kennenzulernen“, betont die Klassikliebhaberin. Woher genau stammt die Geige, wer hat sie gespielt? Welche Geschichten schlummern in ihr? Diese Fragen tauchen besonders bei alten Instrumenten auf. Eine genaue und liebevolle Recherche geht der Restaurierung voraus. „In Italien habe ich einmal auf einer Stradivari gespielt, ein wunderbarer Klang“, das habe sie in ihrer Begeisterung für „alte“ Instrumente noch einmal bestärkt. Neben dem sehr guten Gehör braucht es für den Geigenbau ein großes manuelles Geschick. „Darauf haben die Ausbildenden in Mittenwald großen Wert gelegt“, so Brodnicki. Um filigrane Werkzeuge wie Mini-Hobel, Halseisen, Rissklammern oder Adergrabenausheber zu bedienen, bedarf es eines natürlichen Geschicks, gepaart mit langjähriger Erfahrung.

Nach Abschluss der Ausbildung hat Binia Brodnicki zunächst in dem deutschlandweit bekannten Unternehmen Wörz Geigenbau GmbH in München gearbeitet. Zeitgleich war sie stellvertretende Konzertmeisterin in einem örtlichen Orchester. Momentan musiziert sie in der Freizeit, vorzugsweise Stücke ihres Lieblingskomponisten Debussy. Aber auch weitere Klassiker stehen auf ihrem privaten Programm. Ihr Ehemann Maik, für den sie nach Ostwestfalen gezogen ist, teilt ihre Begeisterung für Musik und spielt Harfe und Klavier.