Unter dem Motto "Gestärkt aus dem Sommer, krisenfest für den Winter?" stellen (v. l.) Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, Fleischermeister Lennart Hermstein (Fleischerei Münch), Kammerpräsident Peter Eul sowie Bäckermeister Axel Glasenapp, Obermeister der Bäcker-Innung Gütersloh, die derzeitige konjunkturelle Situation im OWL-Handwerk vor.
Thomas F. Starke
Unter dem Motto "Gestärkt aus dem Sommer, krisenfest für den Winter?" stellen (v. l.) Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL, Fleischermeister Lennart Hermstein (Fleischerei Münch), Kammerpräsident Peter Eul sowie Bäckermeister Axel Glasenapp, Obermeister der Bäcker-Innung Gütersloh, die derzeitige konjunkturelle Situation im OWL-Handwerk vor.

Gestärkt aus dem Sommer, krisenfest für den Winter?

Die stark ansteigenden Preise für Energie und Strom und die nicht absehbare weitere Entwicklung in diesem Winter sorgen für große Unsicherheit im Handwerk und lassen jetzt im Herbst in der Breite des OWL-Handwerks die Sorge vor einem konjunkturellen Absturz wachsen. Zwar ist die Bewertung der aktuellen Lage gegenüber dem Frühjahr 2022 noch stabil, das Handwerk erwartet jedoch aufgrund der hohen Inflation, der anhaltenden Energiekrise und des spürbaren Konsumrückgangs eine deutliche Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden Monaten. „Besonders energieintensive Betriebe wie Bäcker, Konditoren, Fleischer oder Textilreinigungsunternehmen blicken angesichts immens gestiegener Strom- und Energiekosten mit großer Sorge auf das nächste Halbjahr“, erklärte Peter Eul, Präsident der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, bei der Vorstellung der aktuellen Konjunkturumfrage im Campus Handwerk in Bielefeld. Trotz pessimistischer Zukunftserwartungen ist die derzeitige Lage in vielen Betrieben jedoch noch erfreulich stabil: Von den über 1.300 Betrieben, die an der Umfrage teilgenommen haben, geben 53 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage als gut an, 36 Prozent sind zufrieden und nur 11 Prozent vermelden eine schlechte Geschäftslage.

Stabilitätsanker der regionalen Handwerkskonjunktur bleiben weiterhin das Bau- und Ausbaugewerbe. Dennoch blicken auch diese Branchen pessimistisch auf das kommende Halbjahr. „Infolge der düsteren Gemengelage von Krieg und Pandemie überwiegen die konjunkturellen Abtriebskräfte“, erläuterte Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL. Vor allem im anstehenden Winterhalbjahr gibt es sowohl bei der Produktion als auch aufseiten der Nachfrage erhebliche Belastungen aufgrund von Lieferkettenproblemen und einer hohen Inflationsdynamik. „Hinzu kommt die Unsicherheit bezüglich der Energieversorgung, die die Erwartungen drückt“, so Prager. 

Bäckermeister Axel Glasenapp, Obermeister der Bäcker-Innung Gütersloh und Inhaber der Gütersloher Bäckerei Glasenapp, sowie Fleischermeister Lennart Hermstein (Fleischerei Münch) schilderten die dramatische Situation im Lebensmittelhandwerk: Dieses habe seine konjunkturelle Erholung vom Frühjahr 2022 abrupt gestoppt und befinde sich in einer Rezession. Knapp die Hälfte der teilnehmenden Betriebe aus dieser Branche gibt eine schlechte Geschäftslage an, mehr als 82 Prozent rechnen außerdem mit einer weiteren Verschlechterung.

Das Gesundheitsgewerbe und das Kraftfahrzeuggewerbe rutschen trotz stabiler Lagebewertungen ebenfalls zurück in die Krise. „Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Betriebe aus diesen Gewerbegruppen blickt mit großer Sorge auf das kommende Halbjahr“, erklärte Prager. Gerade energieintensive Branchen sehen sich aufgrund der hohen Kosten für Strom und Energie in einer existenzbedrohlichen Situation. Fast jeder fünfte Betrieb gibt an, aufgrund von Energiekostensteigerungen oder Lieferengpässen akute Liquiditätsprobleme zu haben. „Die in Aussicht gestellten Entlastungen für energieintensive Betriebe müssen daher unmittelbar und schnell wirken“, betonte Prager. Dies sei umso wichtiger, da die Betriebe noch während der Pandemie einen großen Beitrag geleistet hätten, um das Land am Laufen zu halten. Hier könnten auch die Bürgerinnen und Bürger einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser für die städtischen Gemeinschaften so wichtigen Betriebe leisten, indem sie gerade jetzt weiterhin den lokalen Handwerksbetrieben treu blieben.  

Insgesamt ist der Geschäftsklimaindex, der als konjunktureller Leitindikator die aktuelle Lagebewertung und Erwartungen von Unternehmen bündelt, um 19 auf 103 Punkte und damit im Vergleich zum Frühjahr stark gesunken. Das Investitionsklima schwächt sich ebenfalls ab. Besonders das Lebensmittelgewerbe fährt seine Investitionstätigkeit zurück, so geben fast zwei Drittel der Betriebe an, im kommenden Halbjahr weniger investieren zu wollen.

FAQs zur Konjunkturumfrage